Normalerweise enthält die Nahrung – außer bei streng vegan lebenden Menschen – ausreichend Vitamin B12. Mit Gemüse bekommen Sie nur dann genug Vitamin B12, wenn Sie es schlecht putzen und reichlich Bakterien und Insekten mitessen. Auch Hühnerfleisch ist kein guter Lieferant, dafür aber Milchprodukte, Eier, Fisch und rotes Fleisch.
Meistens liegt das Problem aber nicht in mangelnder Zufuhr, sondern in unzureichender Resorption des Vitamins. Im Körper liegt Vitamin B12 nie alleine vor, sondern immer angelagert an ein Nahrungs- oder Transportprotein, von dem es abgespalten werden muss, um an den Intrinsic-Faktor gebunden und dann resorbiert zu werden. Dazu wird das saure Milieu des Magens benötigt. Entsprechend kann die Abspaltung durch Säureblocker und nach Magenoperationen, aber auch bei exokriner Pankreasinsuffizienz oder Alkoholabusus gehemmt sein.
Von einem Vitamin-B12-Mangel sind in der Bevölkerung der westlichen Staaten bis zu 40 % der Menschen betroffen. In extremen Fällen kann dies zu neurologischen und hämatologischen Beschwerden führen. Weitaus häufiger sind jedoch zu niedrige oder grenzwertige Vitamin-B12-Spiegel (200–300 pg/ml bzw. 148–221 pmol/l) bei asymptomatischen Personen.
Diagnostik ist stufenweise sinnvoll:
Um einen Vitamin-B12-Mangel nachzuweisen, kann man zunächst das Gesamt-Vitamin-B12 messen. Spiegel oberhalb von 400 ng/l liegen im grünen Bereich, unter 200 ng/l besteht definitiv ein Vitaminmangel. Im Graubereich dazwischen empfiehlt sich, das aktive Vitamin B12 (Holo-Transcobalamin) zu bestimmen. Bei Werten über 50 µmol/l ist ein Mangel unwahrscheinlich, bei unter 35 µmol/l wahrscheinlich. Dazwischen liegt wieder eine Grauzone, die eine weitere Abklärung erfordert (Homocystein, Methylmalonsäure). Die Tests werden von Schritt zu Schritt teurer, sodass dieses abgestufte Prozedere als halbwegs kostengünstige Variante gelten kann.
Zu den bekannten Risikofaktoren eines Vitamin-B12-Mangels gehören:
Alter > 75 Jahre
Veganismus, rein pflanzliche Ernährung
Alkoholabusus
atrophische Gastritis
Crohn-Krankheit
Darmresektion
Anämie
Postgastrektomiesyndrom
Bandwurm-Infektion
Transcobalamin-II-Mangel
Obwohl das Screening von Erwachsenen mit einem durchschnittlichen Risiko für einen Vitamin-B12-Mangel nicht routinemäßig empfohlen wird, kann es in bestimmten Bevölkerungsgruppen gerechtfertigt sein. Dazu gehören Personen, die seit mehr als 4 Monaten Metformin oder seit mehr als 12 Monaten Protonenpumpenhemmer oder H2-Rezeptorantagonisten einnehmen. Obwohl ein ursächlicher Zusammenhang mit diesen Medikamenten bislang nicht eindeutig nachgewiesen werden konnte, wurde zumindest ein zeitlicher Zusammenhang mit der Einnahme dieser Medikamente beobachtet.
Bei älteren Menschen wird ein Vitamin-B12-Mangel aufgrund von Faktoren wie Demenz, Veganismus, schlechter Ernährung und mangelndem Zugang zu medizinischer Versorgung relativ oft gesehen. Andere häufige Symptome dabei können Anzeichen einer Anämie wie Blässe und Müdigkeit, Glossitis, Durchfall, Gelbsucht, periphere Neuropathie, Kopfschmerzen und neuropsychiatrische Störungen sein.
Nach der AAFP sollten Patienten, die einen adipositaschirurgischen Eingriff hinter sich haben, auf unbestimmte Zeit eine orale Vitamin-B12-Supplementierung erhalten (1 mg täglich).
Eine Anämie kann behoben werden mit hochdosiertem Vitamin B12 mit 1–2 mg täglich.
Bei intramuskulärer Gabe tritt die Besserung jedoch schneller ein, was man sich vor allem bei Personen mit schweren neurologischen Symptomen und einem erheblichen Mangel zunutze macht.
Quelle: https://deutsch.medscape.com/artikelansicht/4912362_6